Metrik

Antike Versmaße bestehen aus Versfüßen, die sich aus langen (-) und kurzen (x) Silben zusammensetzen. Eine Silbe ist lang, wenn ihr Vokal lang ist (natura (naturlang)) oder auf ihren Vokal zwei oder mehr Konsonanten folgen (positione (positionslang)).

Sonderfall: Folgt muta (b, p, d, t, g, c) + liquida (l, m, n, r) auf kurzen Vokal, so kann die Silbe als lang oder kurz gelten (muta cum liquida). (exemplum: volucris (x x x oder x - x)) Gehören die Konsonanten muta cum liquida verschiedenen Silben an, tritt immer Positionslängung ein.

Eine Silbe, die auf langen Vokal endet, wird kurz, wenn im selben Wort auf sie ein andere Vokal folgt (vocalis ante vocalem corripitur) exemplum: fleo (x -), obgleich das e der e-Konjuation eigentlich lang ist: flere (- x).

Vergleiche dazu auch die Regeln zur Aussprache und Betonung lateinischer Wörter!

Als Versfüße sind zu merken:

Daktylus

- x x

Spondeus - -
Trochäus - x


Ein Hiat, das heißt das Aufeinandertreffen von Vokal (oder Vokal + m) am Wortende mit Vokal (oder h + Vokal) am Anfang des folgenden Wortes wird vermieden durch:

a) Elision (elidere), der Unterdrückung des Auslautvokals:

exempla:

adspirate meis primaqu(e) ab origine mundi

(Ovid, Metamorphosen I 3)

quant(um) (h)aec Niobe

(Ovid, Metamorphosen VI 273)

b) Aphaerese (Wegnahme)

Ist das zweite / folgende Wort „es“ oder „est“ wird das „e“ unterdrückt.

exempla:

Aurea prima sata (e)st aetas, quae vindice nullo

(Ovid, Metamorphosen I 89)

Quid prohibetis aquis? Usus communis aquarum (e)st (Ovid, Metamorphosen VI 349)


I. Das elegische Distichon (Zweizeiler)

Das elegische Distichon wird aus einem Hexameter und einem Pentameter zusammengesetzt.

a) Ein Hexameter setzt sich aus sechs Versfüßen zusammen, von denen der letzte ein Spondeus oder Trochäus ist.

- x x |- x x | - x x | - x x | - x x | - x

In den ersten vier Versfüßen kann statt des Daktylus ein Spondeus stehen, im fünften Versfuß nur sehr selten.

b) Ein Pentameter besteht aus zwei Teilen. Nur im ersten Teil können die Daktylen durch Spondeen ersetzt werden.

- x x | - x x | - | - x x | - x x | x

II. Der daktylische Hexameter

Der daktylische Hexameter wird allein aus Hexametern zusammengesetzt:

- x x |- x x | - x x | - x x | - x x | - x

Er wird auch als versus herous bezeichnet, da er hauptsächlich in Heldengedichten (Epen) verwendet wird. Ovids Metamorphosen und Vergils Aeneis zum Beispiel sind in diesem Versmaß verfasst worden.

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Zäsuren und Dihäresen

Einschnitte im Vers werden als Zäsuren (caesura - Einschnitt) bezeichnet. Bei einer Zäsur wird ein Versfuß zerteilt. Der daktylische Hexameter kann nach dem 3., 5. oder 7. Halbfuß eine Zäsur aufweisen (Trithemimeres, Penthemimeres und Hephthemimeres). Die häufigste Zäsur ist die Penthemimeres. Den Einschnitt nach dem 4. Versfuß nennt man bukolische Dihärese.

- x x |- ¦ x x | - ¦ x x | - ¦ x x |¦ - x x | - x

 

Literatur: Crusius, Friedrich: Römische Metrik. Eine Einführung, neu bearbeitet von Hans Rubenbauer, 8. Aufl., München 1967.

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